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„Bier auf Wein, das lass sein. Wein auf Bier, das rat ich Dir.“ - Was ist an der Redewendung dran?
Falls Sie diesen Spruch und seine zwei beinhalteten Empfehlungen schon mal gehört haben, so haben Sie sich bestimmt gefragt, was daran stimmt und was nicht. Und wenn letzteres zutreffen sollte, dann vielleicht auch, wie Sie diesen Spruch entkräften können. Oder aber Sie haben eine schlechte Erfahrung mit einer der beiden Trinkreihenfolgen gemacht und sind deshalb bereit, aus eigener Überzeugung für oder gegen diesen Spruch zu argumentieren. Wir klären auf, sodass Sie bei der nächsten Begegnung mit diesem Trinkspruch gewappnet sind.
Woher kommt die Redewendung?
Frühe Sprichwörtersammlungen, in denen die Redewendung zuerst auftaucht, entstehen Ende des 18. Jahrhunderts. Andeutungen, die auf eine gänzlich andere Bedeutungsebene als auf die der Reihenfolge des Trinkens hinweisen, finden sich allerdings mitunter bedeutend eher. Bei der thematisierten Beziehung zwischen Wein und Bier geht es ursprünglich nicht um die Vermeidung eines Katers, sondern zentral ist die soziale Stellung der Trinkenden. Denn die entscheidet im Mittelalter darüber, welches Getränk typischerweise als Alternative zum meist verunreinigten Wasser zur Hand ist. Sauberes und bekömmliches Wasser aus Brunnen oder Quellen gilt in etlichen dicht besiedelten Regionen als seltenes Gut. Deshalb greift man zu Bier und Wein, da beide Getränke im Gegensatz zum eventuell schadhaften Wasser keimfrei sind.
Doch während der Wein dem gemeinen Volk vorenthalten bleibt und es stattdessen mit erschwinglicherem Dünnbier Vorlieb nehmen muss, kann der reiche Adel leckeren Rebsaft trinken, der daher natürlich auch als Statussymbol fungiert. Eines, das damals ein gesundes und erfülltes Leben versprechen sollte. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass der erstrebenswerte soziale Aufstieg oft automatisch mit einem Umstieg von Bier auf Wein verbunden ist. Beim Abstieg trifft das Gegenteil zu, was den Chiasmus, also die Überkreuzstellung der gegenteiligen Aussagen des Sprichwortes, erklärt. Die Beschäftigung mit der Herkunft des Spruchs entkräftet seine heutige Interpretation also bereits sehr stark. Wie sieht es mit der Verbreitung in anderen Ländern aus?
Gibt es das Sprichwort in anderen Ländern?
Auch außerhalb Deutschlands kennt man die Redewendung, allerdings mit leicht anderer Bedeutung. Das Rumänische „Vin pe bere mere, bere pe vin e chin" heißt beispielsweise übersetzt „Wein auf Bier geht, Bier auf Wein ist eine Qual". Oder in kürzerer Form gibt es die Variante „Vinul după bere este plăcere“, die so viel heißt wie „Wein nach Bier ist ein Genuss“. Anders im Englischen, wo wir mit der Übersetzung eines typischen Trinkspruches auf einen deutlichen Widerspruch stoßen. „Beer after wine and you'll feel fine. Wine after beer and you'll feel queer" ist ein englisches Sprichwort, das so viel bedeutet wie „Bier nach Wein und du wirst dich gut fühlen. Wein nach Bier und du wirst dich seltsam fühlen". Dieser klare Gegensatz zum Deutschen und Rumänischen leitet den letzten Punkt, auf den wir abschließend eingehen wollen, ein - die wissenschaftliche Überprüfbarkeit des nur scheinbar plausiblen Trinkgrundsatzes.
Was sagt die Wissenschaft?
Erstmal sollte grundsätzlich klar sein, dass alkoholische Getränke zusätzlich zu Ethanol auch Begleitalkohole (Fuselstoffe) enthalten, die durch unsere Leber in Giftstoffe umgewandelt werden. Sie können zu Blutgefäßweitungen führen, wodurch das Gehirn mitunter nicht genug Sauerstoff bekommt und der Kater-Kopfschmerz entsteht. Weiter bedeutet dies, dass es sowohl bei Bier und Wein bestimmte Sorten gibt, die fuselalkoholärmer sind (Pils bei Bier, Weißwein und Prosecco bei Wein). Darüber hinaus sollte beachtet werden, dass Wein durch seinen höheren Alkoholgehalt allgemein stärker auf nüchternem Magen wirkt und dass, egal um welches alkoholische Getränk es sich handelt, zwischendurch stets zu einem Glas Wasser gegriffen werden sollte.
An die naheliegenden Argumente, die gegen die Redewendung sprechen, schließt eine Studie an, die im Ruhrgebiet an der Universität Witten/Herdecke durchgeführt wurde und die mit 90 gesunden Probanden untersucht, ob sich die Empfehlung zur Beachtung der Trinkreihenfolge wissenschaftlich begründen lässt. Ohne weiter auf die hohen wissenschaftlichen Ansprüche bzw. Standards der Studie einzugehen, zeigt sich, dass sich die Katersymptome von den Gruppen, die entweder mit dem Trinken von Bier anfingen und mit Wein weitermachten und andersherum, nicht signifikant voneinander unterscheiden. Entscheidend ist auch in der Studie letztlich, dass die am stärksten Betrunkenen am nächsten Morgen den extremeren Kater erleben. Der wichtigste Aspekt der Vorhersage ist also nicht die Reihenfolge der Getränke, sondern sind Rausch und Übelkeit. Die falsche Menge macht das Gift.