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Mineralität in der Weinsprache - Ein echtes Qualitätsmerkmal?
Den Trendbegriff "Mineralik" (oder "Mineralität") verbinden Weinliebhaber mit Frische, guter Säurestruktur und leichter bis deutlich wahrnehmbarer Salzigkeit. Häufig spielt auch die Idee von kargem Boden hinein, aus dessen tiefsten Schichten die Wurzeln der Rebstöcke die Nährstoffe holen. Meistens wird "mineralischer Geschmack" im Zusammenhang mit dem Genuss von Weißwein, insbesondere Sauvignon Blanc und Riesling, verwendet, allerdings findet sich diese Charakteristik auch bei dem einen oder anderen hochwertigen Rotwein, darunter Garnacha, Tinta aus dem Priorat und so mancher Chianti Classico.
Welche Art von Geschmack definiert sich als "mineralisch"?
Die einfache Antwort zuerst: Wenn Sie finden, ein Wein schmecke mineralisch, dann ist das so. Umso besser, wenn er Ihnen schmeckt. Über die genaue Definition von Mineralik im Wein herrscht auch unter Experten keine Einigkeit. Der größte gemeinsame Nenner ist wohl die Abwesenheit von weichen, runden Fruchtnoten wie Passionsfrucht, reifer Pfirsich, dunkle Beeren (wobei sich das bei den obengenannten Roten schon relativiert). Delikate bis stramme Säure, Zitrusaromen, leichte Schwefelnoten, Feuerstein, Schießpulver, Kalk, Iod und häufig leicht "schmirgelnde" salzige Noten, die sich meist erst im Abgang bemerkbar machen, werden am häufigsten in Zusammenhang mit Mineralität genannt.
Wie kommt die Mineralität in den Wein?
Häufig muss Mineralik als Unterscheidungskriterium zwischen auf Winzerkunst fußendem "Terroirwein" und einem Wein herhalten, der aus Trauben unterschiedlicher Herkunft komponiert wird. Die Kehrseite dieser Qualitätsmedaille: "Der hat mir zu viel Terroir!", ist ein euphemistischer Kommentar, der sich auf einen Wein bezieht, dessen Säure als aufdringlich wahrgenommen wird.
Was genau macht die Besonderheit einer spezifischen Rebsorte aus, die auf einem bestimmten Terroir wächst? Trauben bestehen zu 98 Prozent aus Wasser und Fruchtzucker. Bis zu sage und schreibe 8.000 verschiedene Substanzen finden sich in den übrigen zwei Prozent. Erst 50 dieser Substanzen, sind genauer erforscht - namentlich Zucker, Apfel- und Milchsäuren. Während des Gärprozesses kommt es zur Umwandlung und zu weiteren chemischen Verbindungen. Verdampft man die flüssigen Anteile von Wein, erhält man bis zu 30 Gramm Asche (wie die übrig bleibenden Trockenstoffe auch genannt werden). Die Zusammensetzung der Asche aus Phenolen, Thiolen, Eiweißen, Stickstoffverbindungen, Spurenelementen, Vitaminen, nicht flüchtigen Alkohole und Mineralstoffen differiert je nach Rebsorte und Bodenbeschaffenheit.
Das Geheimnis mineralischer Noten - das Feuerstein-Phänomen
Bereits der Nase fallen bei so manchem Wein rauchige Aromen auf, die an Feuerstein oder Schießpulver erinnern. Solche Noten, sind typisch für hochwertige Chardonnays und Champagner, für Sancerre und für Sauvignon Blanc. Der Name "Pouilly-Fumé" beispielsweise verweist sowohl auf diesen Aromentyp als auch auf die feuersteindurchsetzte Erde, auf der dieser berühmte Wein wächst. Allerdings gibt es Lagen im Elsass oder an der Mosel, von denen Rieslinge stammen, die genau diese Feuerstein-Note erkennen lassen, ohne dass sich auch nur eine Spur dieses Gesteins im Boden fände. Tatsächlich wird dieses Aroma durch entsprechende Vinifikation sorgfältig herausgearbeitet. Es entsteht während des Gärungsprozesses und basiert auf einer chemischen Verbindung namens Benzylthiol. Schon Mengen im Nanobereich verleihen einem Wein rauchigen Charakter.
Kalksteinboden macht noch keinen Kalkton im Wein aus
Ob ein Wein mineralisch schmeckt oder nicht, hängt (zumindest nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft) unter anderem von der Art und der Konzentration der Mineralstoffe und Spurenelemente ab, die sich in ihm finden. Allerdings ist hier Vorsicht geboten: Der Geschmack, den wir als Mineralität eines Weins wahrnehmen, entspricht nicht direkt den Mineralien (also den Gesteinsarten beziehungsweise Sedimenten), in denen der Rebstock wurzelt. Das kristalline Ausgangsgestein (zum Beispiel Karbon, Mangan, Quarz, Schwefel, Eisenerz oder Bauxit) hat per se keinen Nährwert für Pflanzen; die Wurzeln können keine Partikel davon abtragen und als Vitalstoffe in den Rebstock transportieren. Mineralien im Boden sind einfach nicht dasselbe wie die für Menschen, Tiere und Pflanzen lebensnotwendigen Mineralstoffe. Diese entstehen erst, wenn sich das Gestein zersetzt und zu Hummus wird, weil Insekten, Moose, Flechten, Pilze, Bakterien und Mikroorganismen biologisches verrottendes Material beisteuern.
Die Vielfalt der Aromen - Genuss und Subjektivität
Sie möchten sich die herrliche Mineralität Ihres Lieblingsweins weder von Chemikern ausreden noch von Weinkritikern mit erhobenem Zeigefinger verhunzen lassen? Recht so - halten Sie es mit folgendem (sehr schön inkorrektem) Zitat eines Weinfreunds auf Pinterest: "Es gibt 13 Minerale, die absolut notwendig für den Menschen sind. Alle 13 finden wir in Wein. Zufall? Ich denke nicht."
Abschließend noch ein Tipp, wenn das Thema Sie gepackt hat: Das (als Untersetzer taugliche) ebrosia-Aromenrad präsentiert acht große Aromengruppen wie Frucht, Erde, Würze etc., ihre Ausprägungen in zwei oder mehr Hauptrichtungen - zum Beispiel "erdig" als "feucht" und "mineralisch" sowie zahlreiche Aromenbeispiele. Eine spielerische und gleichzeitig lehrreiche Weise, Ordnung in das Chaos der Geschmackseindrücke zu bringen und gleichzeitig neue Lieblingsnuancen zu entdecken und zu benennen.