Für viele gibt es in Zeiten des Klimawandels, geht es im weitesten Sinne um Konsumgüter, nur eine Richtung und das ist die des bewussten Nachdenkens über nachhaltigen Umgang mit Rohstoffen und Klima. Das Angebot von Bioprodukten spielt in diesen Entscheidungsdimensionen neben Verpackungsmaterial, Emissionen, Regionalität und vielem mehr eine bedeutende Rolle. In diesem Artikel wollen wir Ihnen mithilfe von 10 Biowein-Fakten über eventuell unbegründete Vorbehalte hinweghelfen, aktuelle Entwicklungen aufgreifen und einen allgemeinen Überblick geben, worum es sich bei Bio-Wein eigentlich handelt.

1. Die Bezeichnung

Zunächst sind da die Begriffe „Bio“ und „Öko“, die Produkte kennzeichnen sollen, die umweltverträglich und artgerecht hergestellt werden. Dabei werden konkreter zumeist die Bezeichnungen (kontrolliert) biologisch oder ökologisch oder biologischer bzw. ökologischer Landbau verwendet, bei denen in all diesen Fällen von Bio-Produkten gesprochen werden kann. Beide Begriffe bedeuten zumeist das Gleiche, wobei es natürlich unterschiedliche Labels oder Siegel gibt, die verschiedene Anforderungen an den Anbau und die Vinifikation stellen. Seit 2012 sind die Bezeichnungen Bio- und Öko-Wein offiziell zulässig.

Eine weitere Begriffsunterscheidung kann zwischen biologisch und biodynamisch getroffen werden. Beide Ansätze haben viele Gemeinsamkeiten, aber der biodynamische hat einen weitreichenderen, ganzheitlicheren, zum Teil auch spirituellen Hintergrund. Das kann neben strengeren Bewirtschaftungsrichtlinien dann auch das Arbeiten nach einem Mondkalender sein. Es geht in einer viel konsequenteren Haltung darum, einen sich selbst erhaltenden Organismus zu schaffen, der die in ihm lebenden Tiere mit Boden und Luft in Einklang bringt. Die Umsetzung eines biologischen Gedankens, bei dem die Berücksichtigung natürlicher Kreisläufe im Mittelpunkt steht, geht dann also noch strikter vonstatten.

2. Die Gründe und Verbreitung

Neben den positiveren, umweltverträglicheren Auswirkungen, die sich der biologische Weinanbau im Gegensatz zu konventionellem Anbau auf die Fahne schreibt, gibt es weitere Gründe für die zunehmende Verbreitung von Bio-Wein. Klar ist, dass beispielsweise bestimmte Pflanzenschutzmittel, speziell chemische Pflanzenschutzcocktails, unkontrolliert in das Ökosystem des Weinbergs eingreifen. Unter anderem deshalb weisen große Fachzeitschriften und Weinführer zunehmend auch auf Bio-Wein hin, der umweltschonender produziert wird. Auch neue Jungwinzer wollen mithilfe nachhaltigerer Verfahren die Qualitäten ihrer Produkte, trotz hohen Ansehens, weiter verbessern. Vermutlich führte auch dies dazu, dass der Marktanteil von Bio-Wein zwischen 2008 und 2015 von 0,6 auf 4,8 Prozent anstieg.

Doch anstatt diese Entwicklung rein auf die Produzenten zurückzuführen, scheint es angebracht, auch auf die Bio-Wein-Kunden einzugehen. Denn diese sind in der Regel dazu bereit, etwas mehr für Bio-Qualität auszugeben. Nicht selten hängen an diesem Preis, neben der Schonung der Umwelt - konkret von Wasser, Luft und Boden - auch die Arbeitsbedingungen, die ebenso Qualität und Philosophie des Weinbetriebs widerspiegeln.

3. Der Pflanzenschutz im Weinberg

Allem voran natürlich auch im Weinberg, wo viele Winzer ihre eigene Gesundheit, aber auch die ihrer Mitarbeiter, ungern gefährden wollen. Auch deshalb wird auf den Einsatz von Pestiziden zur Bekämpfung von Pilzkrankheiten, Beikraut und anderer Lebewesen verzichtet. Um dennoch störendes Unkraut zu begrenzen, werden andere Pflanzenarten in die Bio-Weinberge gesät, die Nützlinge anziehen und den Boden stärken können. Zum Teil kommen auch natürliche Pflanzenschutz- und Stärkungsmittel zum Einsatz. Gegen Pilzkrankheiten darf der Bio-Winzer zudem Schwefel und Kupfer einsetzen, allerdings in geringeren Mengen als konventionell. Dadurch ist ihr wirtschaftliches Risiko natürlich höher.

Um dem zusätzlich entgegenzuwirken muss auf Bio-Weinbergen ein besonderes Augenmerk auf die Qualität der Böden gelegt werden, die nach ihrer maschinellen oder manuellen Lockerung durch Gründüngung besät werden. Diese begrünten Berge verhindern das Auswaschen des Oberbodens und vermeiden Erosionen. Bei der Düngung werden lediglich mineralische und organische Materialien eingesetzt, also zum Beispiel Stallmist, Stroh, Blattdünger und Gesteinsmehle. Somit kann die Widerstandsfähigkeit des gentechnikfreien Erbguts gegenüber Schädlingen verstärkt werden und die stetige Begrünung hat darüber hinaus den Effekt, dass viel CO₂ gebunden wird.

4. Die Kellerrichtlinien

Auch während der Vinifikation, also im Weinkeller, gibt es für Bio-Winzer EU-Richtlinien, die so wenig Eingriffe wie möglich vorschreiben. So sind konventionelle Weinschönungsmittel nicht erlaubt, sondern es wird auf natürliche Mittel, z.B. Bentonit oder Eiweiß, zurückgegriffen. Ebenso sind genmanipulierte Hefe oder Enzyme im Bio-Wein verboten. Bezüglich der einzelnen Verfahren müssen die Entschwefelung mithilfe physikalischer Methoden, eine partielle Entalkoholisierung sowie eine selektive Konzentrierung durch Kälte ausgeschlossen werden. Es kommt letztlich umso mehr auf die Qualität der Trauben an, die dann über die Qualität des Weines bestimmt.

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5. Die positiven Auswirkungen

Neben der oben erwähnten Bindung von CO₂, die selbstverständlich nur eine von mehreren positiven Folgen ist, wollen wir auf zwei weitere Aspekte eingehen - Wasserqualität und Artenvielfalt. Da beim Bio-Wein-Anbau auf Nitrate, Phosphate und chemisch-synthetische Spritzmittel verzichtet wird, kann das Grundwasser geschützt werden. Denn durch den Einsatz von Düngung mithilfe von Blattdünger oder Gesteinsmehl und darüber hinaus die Wertschätzung von Gründüngung, kann sich unsere Trinkwasserqualität verbessern.

Letztere Punkt, die dauerhafte Begrünung, hat, zusammen mit der Verwendung von natürlichen Produkten (Ackerschachtelhalm, Molke oder Fenchelöle) zur Bekämpfung von Pilzkrankheiten, auch einen positiven Einfluss auf die im Weinberg vorzufindende Artenvielfalt. Die Entfaltung der Pflanzen- und Tierwelt kann gefördert werden, dezimierte Arten können sich wieder ansiedeln. Dazu zählen natürlich auch Bienen, Hummeln, Marienkäfer, Schmetterlinge und Co., die sich an den Blüten erfreuen, die im begrünten Weinberg anzutreffen sind.

6. Die Qualität

All die beschriebenen Anbaumethoden, vor allem die Begrünung, führen innerhalb des Organismus durch Wasser- und Nährstoffkonkurrenz zu kleineren Beeren, die allerdings nicht selten umso gehaltvoller sind. Aroma- und Nährstoffe sowie Antioxidantien liegen dann in konzentrierterer Form in der dickeren Haut der Trauben vor, was zu besonders aromatischen Weinen führen kann. Ein weiteres Ziel ist weniger Histamin, also eine mildere Säure. Dies ist allerdings nur dann der Fall, wenn es sich um schimmelpilzfreie, unbeschädigte Trauben handelt. Vor allem bei Weißweinen kann dies vielversprechend sein. Auch die meist zum Einsatz kommende Handlese und anschließende Vergärung mit eigenen Hefen kann mit positiven Effekten auf die Qualität einhergehen.

Wissenschaftler aus Kalifornien und Bordeaux (Delmas und Gergaud), die sich mit Weinwirtschaft und deren Nachhaltigkeit beschäftigen, veröffentlichten sogar in den Jahren 2016 und 2021 zwei Studien, in denen insgesamt mehrere hunderttausend Weinbewertungen aus Kalifornien und Frankreich analysiert wurden. Es zeigte sich, dass Weine, die aus biologischem oder biodynamischem Weinbau stammten, im Hinblick auf Geschmack und Qualität durchschnittlich besser bewertet wurden, als die konventionellen Erzeugnisse. Eine eingehendere Beschäftigung mit diesen Ergebnissen, als es uns in diesem Artikel möglich ist, würde sich sicherlich lohnen, da die Weinqualität eigentlich in erster Linie vom Rebschnitt, der Lese und Selektion während der Ernte sowie der streng hygienischen Verarbeitung im Weinkeller abhängt.

7. Die Kontrollen

Bevor es nun um das Kontrollsystem für Bio-Wein geht, sei vorab erwähnt, dass es, bedingt durch Luftfeuchtigkeit und Temperatur, in Deutschland in der Regel schwieriger ist auf Bio-Weinbau umzustellen, als in manch anderem Land der Welt. Pilzkrankheiten kommen in trockenen und heißeren Regionen seltener vor. Dennoch gibt es auch in Deutschland eine zunehmende Anzahl an Bio-Winzern, die zunächst einen dreijährigen Umstellungszeitraum durchlaufen. Erst danach darf der Winzer seine Weine als bio kennzeichnen, wofür das EU-Bio-Logo vorgesehen ist. Daneben gibt es auch etliche weitere nationale Siegel von Bio-Anbauverbänden.

Mindeststandard stellt in der EU der ökologische Anbau dar. Wenn dessen EU-Richtlinien vom Erzeuger eingehalten werden, aber die Kellerrichtlinien nicht erfüllt werden können, so darf der Wein als „Wein aus Trauben aus ökologischem Anbau“ bezeichnet werden. Die zugrundeliegenden Vorgaben der EU-Verordnung geben vor, welche Anbaumethoden und Hilfsmittel zum Einsatz kommen dürfen. Sie werden jedes Jahr von einem Kontrollinstitut, das staatlich anerkannt ist, unter die Lupe genommen.

Weinlese
Weinlese mit Traktor

8. Die Zertifikate

Wenn die Bio-Weinbauern ihre Ansprüche an die ökologische Erzeugung von Wein erhöhen wollen, können sie ihren Wein durch Bioverbände mit strengeren Maßgaben kennzeichnen lassen, als es die EU-Bio-Zertifizierung vorsieht. Im Folgenden wollen wir einige nennen.

Zum einen wären da die bundesweiten Verbände Ecovin und Bioland. Bei ersterem handelt es sich um einen vor 30 Jahren gegründeten Bio-Winzer-Verband mit ca. 220 Mitgliedern. Letzterer ist hingegen ein Bio-Verband mit ca. 6.000 Erzeugern, zu denen auch ungefähr 260 Winzer zählen. Zu den internationalen Bioverbänden gehören unter anderem Naturland, der ca. 38.000 Bauern international zertifiziert, zu denen auch 160 deutsche Winzer zählen, sowie Demeter, ein Verband der weltweit Erzeuger mit biodynamischem Anbau als solche auszeichnet. Hier haben wir es mit ca. 4.900 Mitgliedern zu tun, zu denen international 858 und in Deutschland 53 Weingüter zählen.

9. Ist bio gleich vegan?

Um dies gleich vorab zu beantworten: Nein. Denn natürlich kommt es hier auf andere Verarbeitungsschritte an, die sich durch die Vermeidung von Hilfsmitteln tierischer Herkunft kennzeichnen. Konkret bedeutet das, dass auf Gelatine, Kasein, Eiklar oder auch Hausenblase bei einem veganen Wein verzichtet wird. Stattdessen werden, vor allem in Bezug auf die Weinschönung, Bentonit oder Erbsenproteine verwendet. Bei der Gerbstoffkorrektur, die grundsätzlich durch qualitativ hochwertiges Lesegut und hervorragende Kellerarbeit umgangen werden kann, wird Mostoxidation eingesetzt, wodurch die Weine nicht nur aromenstabiler, sondern auch haltbarer gemacht werden können. Daran schließt auch an, dass die für eine Weinschönung notwendigen Hilfsmittel ausgeschlossen werden, wenn durch eine tolle Qualität der Trauben auf natürliche Sedimentation gesetzt werden kann. Dann entschleimt sich der Wein also selbstständig.

10. Die zusammengetragene Schlussfolgerung

Die Entscheidung des Winzers, Bio-Wein herzustellen, ist also nicht immer nur ein „Entweder oder“, sondern in vielen Fällen eine logische Konsequenz stetiger Qualitätsorientierung. Biodiversität zu fördern, indem aus einer Monokultur ein ganzheitlich gedachter, nachhaltiger Weinanbau wird, ist nicht nur ein zeitlich begrenzter Trend, sondern wird angesichts des Klimawandels und der damit einhergehenden Chancen und Risiken immer notweniger.

Für viele Konsumenten und Produzenten gilt es, nicht nur aus ökologischer, sondern auch aus qualitativer Überzeugung zu trinken. Wenn gutes Handwerk und die richtige Umsetzung von Richtlinien zueinander passen, gehen beide Überzeugungen in Zukunft miteinander einher. Früher hatte Bio-Wein lange Zeit keinen guten Ruf, doch das Blatt wendet sich durch neue Generationen qualitätsorientierter Jungwinzer.

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