Welchen hohen gesellschaftlich-kulturellen Stellenwert Wein als Genussmittel seit langer Zeit hat, zeigen begeisterte und geistreiche Umschreibungen von Schriftstellern, Theologen, Naturwissenschaftlern und Malern – unzählige bekannte Persönlichkeiten unterschiedlichster Bereiche wussten und wissen Wein und alles, was mit ihm in Verbindung steht, mit Humor, Hochachtung und Hingabe zu umschreiben. Wir wollen nicht nur auf fünf ausgewählte Weinzitate, sondern auch auf deren Urheber und Hintergrund eingehen. Eine poetische Reise durch die unendliche Reichweite des Kulturguts Wein.

1. „Das Leben ist viel zu kurz, um schlechten Wein zu trinken.“ – Johann Wolfgang von Goethe

Unser erstes Zitat stammt von einem der bedeutendsten Dichter und Forscher Deutschlands, zu dessen Ehren in der Goethe-Stadt Weimar sogar alljährlich ein Weinfest stattfindet. Mittlerweile traditionsreich mit eigens aufgebautem Weindorf, Weinköniginnen und anderen touristischen Symbolfiguren - darunter auch Prominenz aus Wirtschaft, Kultur und Politik - konnte sich dieses Fest seit Anfang der neunziger Jahre als ein fester kultureller Bestandteil der Thüringischen Stadt etablieren. Dabei sollte der Hintergrund dieses Fests vielen dahingehend bewusst sein, dass Goethe einer der berühmtesten Weinliebhaber der deutschen Geschichte ist. Doch worin zeigt sich das eigentlich und was wissen wir über seine Weinleidenschaft?

In Überlieferungen zu Goethes Geburt heißt es, dass er schon in den ersten Augenblicken seines Lebens mit Wein in Kontakt gekommen sein soll. Nachdem es zu Komplikationen kam, soll ihm entweder die Herzgrube mit Wein massiert oder er in warmem Wein gebadet worden sein, um erste Lebenszeichen von ihm zu erhalten. In seinen folgenden ersten Lebensjahren ist er durch Gasthaus und Weinhandlung seines Großvaters, durch den die Familie an Wohlstand gelangt ist, immer wieder mit Wein in Kontakt gekommen. Vermutlich auch, weil seine Familie vor den Toren der Stadt Frankfurt am Main Weinstöcke besitzt. In diesem Weingarten arbeitet er schon als Kind. Doch obwohl er später in fast einhundert seiner Schriften viel von Wein schwärmt, kann man sein Verhältnis zum Wein mitunter durchaus als ambivalent beschreiben, vor allem weil er fast täglich zwei bis drei Flaschen trinkt, was trotz des damals geringer ausfallenden Alkoholgehalts von Wein als Alkoholismus einzustufen ist. In einem Ausschnitt eines Zitats, das von Goethes Biographen Georg Henry Lewes stammt, heißt es beispielsweise: „Ich könnte viel glücklicher sein – gäb’s nur keinen Wein.“

Doch natürlich sind dies, im Vergleich zu Goethes vielen Umschwärmungen des Traubensaftes, eher seltenere Zitate, die von ihm überliefert sind. Stattdessen ist weiterhin bekannt, dass er sich auch selbst dem Weinbau widmet, wissenschaftliche Studien an Rebstöcken durchführt und er einige Zeit in den Weinterrassen von Dornburg verbringt. Insgesamt schwärmt er über seine Lebensjahre hinweg immer wieder von anderen Weinen. Diese Vorlieben sind natürlich auch von seinen Reisen geprägt. So kennt er natürlich etliche hervorragende italienische Weine, schwärmt vom „Würzburger Stein“, erwähnt Rotweine aus dem Elsass und aus Longedoc und schreibt in späteren Jahren auch von Champagner. Vermutlich als einer der vielseitigsten Weinkenner seiner Zeit baut er diese Kenntnisse auch in den Schilderungen zum Auerbachs Keller in "Faust" ein.

2. „Kein Wein ist so sauer wie der reine, der einem eingeschenkt wird.“ - Markus M. Ronner

Beim Urheber unseres zweiten Spruches machen wir einen weiten Sprung in die Gegenwart, wobei Teile des Zitats bis ins Mittelalter zurückreichen. Doch zunächst zu Markus M. Ronner, der Theologe, Publizist und Journalist ist. Unter anderem wurde er bekannt durch viele seiner Aphorismen, zu denen zweifelsohne auch unser ausgewähltes zählt. Treffend wird hier die gustatorische Wahrnehmung von Wein, also die subjektive Erfahrung des Schmeckens, mit der Konfrontation mit Wahrheit verbunden. Das interessante daran ist, dass die Redewendung „reinen Wein einschenken“ erweitert bzw. abgewandelt wird und dadurch der oft schmerzhafte Wahrheitsfindungsprozess mit unangenehm starker Weinsäure gleichgesetzt wird. Ein wahrhaftig erdender Spruch.

Dabei lohnt sich die Auseinandersetzung mit der Herkunft und Bedeutung der Redewendung zum Einschenken des reinen Weins, denn dieses Sprichwort wurde, so wie viele andere, im Laufe der Zeit von seinem eigentlichen Hintergrund gelöst. Wie eingangs erläutert, geht es also darum, dass einer Person die ungeschönte Wahrheit gesagt wird. Doch wieso die Kopplung an Wein?

Im Mittelalter ist Wein mitunter ein knappes Gut, weshalb Wirte vielerorts ihren Wein mit Wasser strecken, um ihre Gewinne zu erhöhen. Dies geht allerdings nur, wenn die Verdünnung nicht auffällt, weshalb der ein oder andere Wirt zu minderwertigen Zutaten wie essigsaurer Tonerde oder zu Zucker greift, um die Verdünnung zu überdecken. Dabei darf nicht unterschätzt werden, dass schon damals das Verfälschen von Lebensmitteln mitunter hart bestraft wurde. Gleichzeitig bedeutet das im juristischen wie auch nicht-juristischen Sinn, dass ein jeder Wirt, der auf andere Zutaten verzichtet, nicht nur reinen Wein einschenkt, sondern eben auch ehrlich ist. Er verkauft ein Getränk, was den Vorgaben entspricht und scheut sich nicht, der Wahrheit ins Gesicht zu schauen, vielleicht auch die Tatsache anzunehmen, dass der Wein bald alle sein würde.

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3. „Eine Flasche Wein enthält mehr Philosophie als alle Sachbücher.“ - Louis Pasteur

Mit diesem Satz drückt einer der bedeutendsten französischen Naturwissenschaftler des 19. Jahrhunderts seine Liebe zum Wein aus – Louis Pasteur. Als Chemiker, Biologe und Physiker prägt er vor allem die Anfänge der medizinischen Mikrobiologie, leistet ungemeine Fortschritte im Bereich der Impfungen gegen Infektionskrankheiten. Darüber hinaus entwickelt er damals eine Methode zur Haltbarmachung von Lebensmitteln – die Pasteurisierung – was bereits bei der ersten Auseinandersetzung mit seiner Person und dem von uns gewählten Zitat einiges erklären dürfte.

Denn im Auftrag von Napoleon III. arbeitet er an einer Verbesserung der Weinherstellung, da der Weinbau schon damals neben der Getreideherstellung den zweiten Platz der wichtigsten Landwirtschaftssektoren bildet. Dadurch muss Wein lange Transportwege in genießbarem Zustand überstehen können, was die Forschung zu den Gärungsprozessen des Weins zusätzlich anfeuert. Pasteur untersucht also, wie Mikroorganismen die Entwicklung des Weins beeinflussen und stellt fest, dass durch das Erhitzen des Weins, für kurze Zeit bis auf 60 Grad, unerwünschte Nachgärungsprozesse frühzeitig unterbunden werden können, weil bestimmte Mikroorganismen abgetötet werden. Bei späteren Anwendungen stellen sich dann auch andere Lebensmittel als geeignet heraus, wobei auch klar wird, dass mitunter (vor allem beim Wein) erwünschte Mikroorganismen in ihrer Entfaltung unterbrochen werden. Während beim Wein heute andere Verfahren zum Einsatz kommen, hat sich die Pasteurisierung der Milch gemeinhin durchgesetzt.

Insgesamt wollen wir am Ende dieses Abschnitts dennoch darauf hinweisen, dass sich Pasteur nicht nur außerhalb, sondern auch innerhalb seiner eigenen universitären Kreise nicht nur Freunde gemacht hat. Er soll stets humorlos und autoritär aufgetreten sein und mit anderen Wissenschaftlern die eine oder andere Auseinandersetzung aufgrund des Vorwurfs von Plagiaten und Ergebnisschönungen geführt haben. Zu den Fachkollegen, mit denen er sich Auseinandersetzungen liefert, gehört auch Robert Koch, auf dessen bakteriologischen Forschungen Pasteurs Arbeiten zum Teil aufbauen. Die französische Wissenschaftsakademie nennt ihn heute dennoch „den Unsterblichen“.

4. „Wer genießen kann, trinkt keinen Wein mehr, sondern kostet Geheimnisse.“ - Salvador Dalí

Um dieses Zitat von Salvador Dalí richtig einzuordnen, sollte man wissen, dass er einer der bedeutendsten Künstler und Vertreter des Surrealismus des 20. Jahrhunderts ist. Der Spanier malt und zeichnet nicht nur, sondern schreibt auch und erschafft Plastiken, Bühnenbilder sowie Fotografien und Filme. Dabei ist er immer nah bei Freuds Theorien über Traumzustände und Bewusstlosigkeit und trifft mehrere andere Schlüsselfiguren der Bewegung, darunter André Breton, Pablo Picasso oder Marcel Duchamp. Seinen zentralen Bildelementen sollen mehrere Ebenen möglicher psychoanalytischer Interpretationen zugrunde liegen, wobei die Gesamtheit seiner Werke stark von Künstlern wie Raphaël beeinflusst wird – von Alten Meistern der Renaissance.

Allein methodisch und gestalterisch trifft man bei Dalí bereits auf viele Kuriositäten und Besonderheiten, legt man den Fokus auf bestimmte Themen, so finden sich religiöse, wissenschaftliche und geschichtliche Aspekte. Und eben auch: Wein. Denn der Künstler würdigt diesen in vielen seiner Werke als eine der wichtigsten Schöpfungen des Menschen. Es gibt sogar ein Standardwerk über Wein von ihm, in dem Dalís Auffassung zur Verwobenheit von Mensch und Wein deutlich werden soll. Katzen, die Rotwein auflecken, halbnackte Frauen, die Weintrauben hochhalten oder auch ganz allgemein das wiederholte Auftauchen von Weinflaschen – Dalí verarbeitet diese Motive in Gemälden, greift sie aber auch in Collagen von Werken anderer Künstler auf.

Und nicht nur das motivische Aufgreifen dieses Themas prägt heute die Beschäftigung mit dem Surrealisten, sondern auch seine eigenen Weinklassifizierungen. Als „Weine der Freude“ bezeichnet er beispielsweise Beaujolais, Rioja oder Chianti, während Kalifornische Weine für ihn eher „Weine der Großzügigkeit“ sind. Denn die Geheimnisse, die wir da verkosten, versetzen uns laut Dalí eben auch in ganz bestimmte Stimmungen, die Assoziationen mit Formen, Farben und Geschichten wecken. Mit letzterem meint er auch unsere Kulturgeschichte, die vom letzten Abendmahl bis hin zu amerikanischen Dinnerpartys mit Crevetten und Austern reichen. Und da steht er dann: Dalí erzählt mit gezwirbeltem Schnurrbart, in weinrotem Seidenmorgenrock, phantasievoll von den Geheimnissen des Weines.

5. „Schade, dass man Wein nicht streicheln kann.“ – Kurt Tucholsky

Erinnern Sie sich noch an das zweite Zitat, das wir in dieser Hitliste aufgreifen? Dort verknüpft Markus M. Ronner poetisch die Konfrontation mit Wahrheit mit der vorgestellten gustatorischen Wahrnehmung von saurem Wein. In eine ähnliche Richtung geht es hier bei dem Zitat von Kurt Tucholsky, der die Bewunderung für Wein mit dem Austausch taktiler Zärtlichkeiten gleichsetzt. Vielleicht haben Sie schon einmal von dem Spruch des deutschen Journalisten und Schriftstellers gehört. Ein Satz, der des Öfteren an unterschiedlichster Stelle auftaucht und der für uns als Genussexperten wahrhaftiger nicht sein könnte.

Dass Tucholsky diese Wertschätzung derart prägnant auf den Punkt bringt, kommt nicht von ungefähr. Der Sohn eines jüdischen Kaufmanns, dessen Bücher 1933 von den Nazis verbrannt wurden, ist im 20. Jahrhundert nämlich vor allem durch seine hervorragende literarische Kurzform bekannt, die er in kabarettistischen Chansons, bissigen Politsatiren und politischen Gedichten zur Entfaltung bringt. Nach Hitlers Machtübernahme 1933 flieht er nach Schweden, wo er sich nach mehreren Operationen zwei Jahre später das Leben nimmt. Doch woher stammt dieser wunderbare Satz?

Vorab sei gesagt, dass es sich bei der Quelle nicht um eine sonderlich politische Schrift handelt. Vielmehr trägt sie den Titel „Das Wirtshaus im Spessart“ und ist eine Reisebeschreibung, die Tucholsky 1927 unter dem Pseudonym „Peter Panter“ veröffentlicht. Der bekannte Satz fällt darin in der Stadt Iphofen, die in Unterfranken liegt. Hier werden er und zwei Freunde von ihm, mit denen er unterwegs ist, von einem Wirt versorgt, der „einen 17er auf dem Faß, der war hell und zart wie Frühsommer“ serviert. Daraufhin fällt noch im gleichen Satz dieser Erzählung unser letztes Zitat dieser Hitliste.

Wir hoffen, wir konnten Sie auf eine unterhaltsame Reise durch die unendliche Reichweite des Kulturguts Wein mitnehmen. Bleiben Sie köstlich!

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